Sie befinden sich hier: Startseite » HiFi-Handbuch » Aktivlautsprecher vs. Passivlautsprecher
Progressive Audio Extreme 3 -a-Anschlussfeld

Aktivlautsprecher vs. Passivlautsprecher

Aktivlautsprecher vs. Passivlautsprecher

In diesem Bericht „Aktivlautsprecher vs. Passivlautsprecher“ gehe ich auf die Unterschiede zwischen diesen beiden Boxenarten ein.
Sollten Sie sich nach dem Lesen dieses Berichts fragen, wieso nicht viel mehr Aktivboxen angeboten werden, finden Sie vielleicht in meinem Bericht „Aktivboxen – neues Spiel, neues Glück?“ die Antwort darauf.

Grundwissen –  Der konventionelle Lautsprecher (aktiv/passiv)

Kennen wir heute auch eine Vielzahl an unterschiedlichen Lautsprecherkonstruktionen wie Hörner, Flächenstrahler, Plasma, Bändchen … , so ist der so genannte konventionelle Lautsprecher immer noch die am meisten vertretene Bauweise und wird es wohl auch bleiben.

 

Progressive Audio Extreme 3

Progressive Audio Extreme3

 

Beim konventionellen Lautsprecher befinden sich verschiedene Chassis („Membranen“) in einem Gehäuse.  Wir entdecken einen Hochtöner, einen Mitteltöner und einen Tieftöner, letzterer gerne auch Bass genannt.
Allen drei Chassis ist bis auf wenige Ausnahmen die gleiche Konstruktionsweise zu eigen.
Da wird die Membrane, die aus Pappe, Plastik, Keramik und vielem mehr bestehen kann, hinten an einer Spule befestigt, die sich innerhalb eines Magneten bewegt.
Damit sie sich bewegt, schickt ein elektronisches Gerät mit der Bezeichnung „Verstärker“ die Musik in Form von elektrischen Spannungen durch diese Spule.

Und damit jedes Chassis auch nur die Bewegungen macht, die es machen soll und machen kann, befindet sich in jedem Lautsprechergehäuse eine „Weiche“, die die tiefen Frequenzen zum Bass, die hohen zum Hochtöner und alles dazwischen zum Mitteltöner schickt.

 

 

Aber die Weiche ist gar keine Weiche!

 

Schiene

Schiene

 

 

Den Begriff Weiche kennen wir noch aus der Zeit, als wir mit unserer Eisenbahn gespielt haben.
Da wurde die Fahrtrichtung unsere Züge per Weichenstellung bestimmt.
Zugegeben, ich hatte nur einen Zug. Aber immerhin zwei Weichen!
Je nach Weichenstellung fuhr mein Zug entweder nach links oder nach rechts.

 

Und genau das ist eben bei einer Lautsprecherweiche anders.

Die Lautsprecherweiche schickt eben gerade nicht (!) die tiefen Töne zum Bass, die mittleren zum Mitteltöner und die hohen zum Hochtöner!
Vielmehr wird der eine Zug, also unser Musiksignal, in alle drei Richtungen geschickt.
Danach aber haben diese „drei Züge“ unterschiedliche elektronische Bauteile zu „durchfahren“.

 

Spulen

Fotolia_75715374 © salita2010

 

Der erste Zug wird durch eine richtig „fette“ Spule geschickt. Eine Spule ist ein aufgewickelter Draht und sie bildet einen elektrischen Widerstand.
Und zwar für unterschiedliche Frequenzen unterschiedlich stark.
Das führt dazu, dass die tiefen Töne die Spule relativ unbeschadet passieren können, während die hohen und die mittleren Töne so stark abgesenkt werden, dass sie beim Bass praktisch nicht mehr ankommen.

Der zweite Zug wird durch einen Kondensator geschickt. Auch dieses Bauteil stellt für unterschiedliche Frequenzen unterschiedliche Widerstände dar. Nur ist es bei ihm so, dass eben die hohen Töne fließen dürfen und die mittleren und tiefen nicht.

Damit der Mitteltöner weder die hohen noch die tiefen Töne zugeleitet bekommt, muss der dritte Zug eine Strecke durch eine Spule und (!) durch einen Kondensator nehmen.

Und jetzt müssen wir uns vor Augen führen, dass sich all diese elektronischen Bauteile zwischen dem Verstärker und den Chassis befinden – also im (!) Signalweg – was wohl die Musik sicher nicht „besser machen kann“, oder?
Und es kommen sogar noch weitere Bauteile hinzu, frei nach dem Motto:

Schlimmer geht immer!

Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere drei Chassis unterschiedliche Empfindlichkeiten besitzen. Das hat jetzt nichts damit zu tun, wie schnell sie „beleidigt“ sind, sondern sagt nur aus, wie laut sie ein definiertes Musiksignal wiedergeben können.
Da wir in einem passiven System das leiseste Chassis nicht lauter machen können, müssen wir also die lauteren Chassis leiser machen.
Das erreichen wir durch zusätzliche Widerstände.
Doch ein Widerstand ist wieder so ein Bauteil, das wir ja eigentlich am liebsten gar nicht im Signalweg hätten.

Hier und da findet man immer mal wieder Lautsprecher-Entwickler, die die Weiche einfach ganz fehlen lassen und nach dem Motto verfahren, dass die Chassis schon nichts wiedergeben werden, was sie nicht wiedergeben können.
Lautsprecher darf man eben einfach so entwickeln wie man will.

Es gibt keine Normen

Selbst Profis entwickeln noch heute ihre Boxen je nach Gusto. Wodurch Exemplare entstehen, die sehr viel Verstärkerleistung benötigen (= mit niedrigem Wirkungsgrad) und andere, denen ein paar wenige Watt im einstelligen Bereich völlig ausreichen (= mit hohem Wirkungsgrad).
Genau das ist die Rechtfertigung dafür, dass es eben auch unterschiedlich starke Verstärker geben muss.

Doch alle tappen im Dunkeln!

Weder der Lautsprecher-Entwickler, noch der Hersteller eines Verstärkers weiss während der Entwicklungszeit, mit welchem “Partner” die fertigen Komponenten es zu tun bekommen werden.
Man entwickelt also eine „elektronische Hälfte“, ohne die andere Hälfte zu kennen.

In der Praxis ist es also wie beim Kaufen von Kleidungsstücken. Irgendwie finden wir Teile, die uns „ganz gut“ passen und die auch noch recht gut zusammen passen. (Aus unserer Sicht)
Aber  es gibt auch immer wieder ziemlich unmögliche Kombinationen, oder?
Im HiFi-Bereich werden da auch mal Kraftprotze an Boxen mit sehr hohem Wirkungsgrad betrieben und 10 Watt Trioden an wattfressenden geschlossenen Gehäusen.

Für jedes Chassis auch noch eine Extrawurst?

Und – wie wir es oben ja bereits schon einmal erfahren haben – müssten wir uns am Ende auch noch fragen, ob wir denn jetzt eigentlich den genau passenden Verstärker für den Hochtöner suchen, für den Mitteltöner oder für den Bass.

Kaufen wir doch einfach drei Verstärker!

Dieses Problem hat man schon in den 70-er und 80-er Jahren zu lösen versucht und damals Aktivweichen entwickelt. Diese befanden sich zwischen dem Vorverstärker und den 2-3 Endverstärkern, die dafür erforderlich waren.
Es sollte sich aber zeigen, dass es selbst dafür sehr schwierig war, die richtigen Verstärker zu finden.
Mark Levinson ging noch einen Schritt weiter und versorgte bei seinem HQD-System gleich drei verschiedene Lautsprecher-Systeme über drei Paar ML2 (also sechs Monoblöcke) aus eigener Entwicklung.
(HQD = Hartley, Quad-Electrostatic, Decca)
Fotobeispiel unter folgendem Link:
https://www.stereophile.com/content/mark-levinson-hqd-loudspeaker-system

Doch auch er versuchte letztlich nichts anderes, als einzelne Kleidungsstücke „von der Stange“ bestmöglich zu kombinieren.
Erfolgsversprechender scheint es da doch zu sein, wenn sich die Entwickler der Elektronik und der Lautsprecher kennen und zusammenarbeiten.
Und wenn die dann auch noch für jedes Chassis einen eigenen Verstärker bauen, dann dürfte es doch gut werden, oder?

Genau das ist das Geheimnis eines guten Aktiv-Lautsprechers.

Und wenn es sich bei dem Hersteller um einen echten Profi handelt, dann arbeitet er sogar Hand in Hand mit den Chassis-Produzenten. Denn immer wieder wird er feststellen, dass manche Optimierungen nur dann erreicht werden können, wenn die verwendeten Chassis angepasst werden.
Hierzu sollte man aber schon einiges „auf dem Kasten haben“.
Und über diese Kompetenz muss der Entwickler von Aktivlautsprechern auch noch auf zwei Gebieten verfügen, die man in der Branche eigentlich gerne strikt voneinander trennt.
Er muss sowohl im Bereich der Akustik und der Boxenentwicklung als auch im Bereich der Elektronik zuhause sein und beides zusammenbringen können.

Damit haben wir wohl einen der Gründe dafür gefunden, wieso uns der Markt eine ziemlich geringe Auswahl an wirklich brauchbaren Aktiv-Lautsprechern bietet.

Sie meinen, es gibt doch eine ganze Menge Aktivboxen?

Ja, sicher. Neben unserem Computer und vielleicht auch neben unserem Fernseher stehen möglicherweise Boxen, die uns als Aktivboxen verkauft wurden.
Richtig ist bei diesen Boxen aber nur, dass der Verstärker in eines der Boxengehäuse eingebaut wurde, um einen zusätzlichen „Kasten“ einzusparen.
Aktiv im Sinne der High-Fidelity ist da nichts. Zu entlarven sind diese „falschen Aktivboxen“ leicht daran, dass der Verstärker nur in einem der Gehäuse sitzt und die zweite Box über ein gewöhnliches Lautsprecherkabel angesteuert wird.
Bei einem „echten“ Aktivlautsprecher verfügen aber beide Boxen über eine integrierte Elektronik und diese besteht aus so vielen Modulen, wie die Box „Wege“ hat. Ein „Weg“ wird aus einem oder mehreren identischen Chassis gebildet.

Wie betreibt man denn jetzt so einen Aktivlautsprecher?

Man muss bedenken, dass der Endverstärker bereits im Lautsprecher fest verbaut worden ist. Besitzen wir einen Vollverstärker, können wir prüfen, ob der einen Vorverstärker-Ausgang hat. Wenn nein, werden wir den Vollverstärker nicht zusammen mit unseren Aktivboxen verwenden können.
Stattdessen brauchen wir dann einen reinen Vorverstärker als Umschaltzentrale. An diesen Vorverstärker schließen wir alle unsere Quellgeräte an. CD-Player, Tuner und was wir noch so alles besitzen und betreiben wollen.

Folgt man dem derzeitigen Trend, dann kann man aber mit einem Aktivlautsprecher noch einen großen Schritt weiter voran kommen. Lesen Sie mehr darüber in meinem Bericht:

Aktivboxen – Neues Spiel, neues Glück?

Und wenn ich es jetzt geschafft haben sollte, Sie so richtig neugierig auf Aktivboxen gemacht zu haben, dann können Sie in meinem Bericht  „Progressive Audio Extreme III, aktiv vs. passiv“  noch mehr über zwei außergewöhnliche, gleiche und doch unterschiedliche Lautsprecher-Paare lesen.

Ich wünsche Ihnen viel Kurzweil dabei!
Ihr Wolfgang Saul.

Warenkorb
Nach oben scrollen