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DSP – Gottesgabe oder Teufelszeug?

DSP – Gottesgabe oder Teufelszeug?

DSP – Gottesgabe oder Teufelszeug?

In meinem Bericht „DSP – Gottesgabe oder Teufelszeug?“ gehe ich auf einen elektronischen Baustein ein, an den ich mich persönlich bisher so gar nicht gewöhnen wollte.

Karl-Heinz Fink
Karl-Heinz Fink

Karl-Heinz Fink (FAC, Essen) hat das jetzt möglicherweise geändert – aber lesen Sie weiter.

 

 

 

Es ist sicher schon 15 Jahre oder länger her. Ich hatte einem Kunden eine tolle Anlage zum Preis einer Luxuskarosse geliefert und sie klang umwerfend gut.

Einige Wochen später lud mich der Kunde zu einer neuen Hörprobe ein. Er hatte die Anlage durch eine Komponente erweitert, die sich „DSP“ (digital sound processor) nannte und mal eben 14.000,- € gekostet hatte.

Der Kunde war total aus dem Häuschen. Raummoden, die sich bei ganz bestimmten Musiktiteln ergaben, hatte er mit diesem DSP einfach „beseitigt“. Natürlich hatte er es damit nicht sein lassen. Tagelang hatte er nach der besten Einstellung gefahndet und per Gehör und Messmikrofon die seiner Meinung nach perfekten Einstellungen auch gefunden.

Für mich –
war das Ergebnis eine musikalische Katastrophe.
Sicher – es gab tatsächlich diese stehende Welle nicht mehr, es gab kein Dröhnen, keine wahrnehmbaren Ausreißer in einem bestimmten Frequenzbereich.

… aber es gab auch absolut keine Natürlichkeit mehr in der Musik.

Vom Aufnahmeraum war nichts mehr wahrzunehmen, Stimmen klangen seltsam.

Zum Glück hatte das Gerät eine Bypass-Taste, mit der man sämtliche Manipulationen umgehen und die Schönheit einer „unverfälschten“ Musik neu entdecken konnte.
Nach 3-4 mal umschalten, war der Kunde dann doch ziemlich „geknickt“.
Allerdings hat er das Teil damals mit nur sehr wenig Verlust schnell weiterverkaufen können.
Die Gehäusefarbe hatte einfach gestimmt. 🙂

Für mich war es das dann erst mal für eine lange Zeit mit diesen „gruseligen DSPs“.

Hier und da war ich bei Kunden vor Ort, die versuchten, ihre akustisch völlig unmöglichen Raumverhältnisse mit einem DSP zu kompensieren. Aber im besten Falle gab es dann dort einen winzig kleinen Hörplatz, an dem es sich einigermaßen normal anhörte. Man brauchte aber nur den Kopf zu drehen oder sich ein paar Zentimeter weiter nacht rechts/links zu setzen und schon war das Klangbild geradezu unerträglich.

Ich begriff, dass DSPs von Leuten entwickelt wurden, die möglicherweise ganz viel theoretisches, vor allem mathematisches Wissen besaßen, die aber offensichtlich keine Ahnung von Musik hatten. Und noch schlimmer – auch die Anwender schienen die tatsächlichen Chancen so eines DSPs gar nicht zu verstehen und versuchten stattdessen, mit ihm magische Wirkungen zu erzielen, für die er nie geschaffen worden war.

Sie können sich jetzt sicherlich vorstellen, dass ich nicht sonderlich begeistert war, als Karl-Heinz Fink mich gestern anrief und fragte, ob ich zurzeit eine Q-Acoustic C500 oder C300 in der Vorführung hätte und er mir Filter für den DSP im Roon-Core-Server anbot, die er speziell für diese beiden Lautsprecher entwickelt hatte.

Da ich beide genannten Boxen in der Ausstellung habe, hörte ich ihn sagen:
„Dann schicke ich Dir mal was rüber. Installiere das bitte und sag mir, was Du davon hältst.“

Ich spürte wie sich mir die Haare aufstellten und ich am liebsten gesagt hätte: „Schick mir das bloß nicht!“.

Andererseits gefällt mir an Karl-Heinz Fink immer wieder, dass er so neugierig und offen für alles ist. Er lehnt nicht einfach etwas aus Prinzip ab, weil er was gegen bestimmte Marken oder Menschen hat oder weil er etwas nicht sofort versteht. Er geht den Dingen auf den Grund und bildet sich erst danach seine Meinung.

Und wie das im Leben so ist – wenn man sich nur intensiv genug mit seltsamen Ideen und Behauptungen auseinander setzt, sind die meistens gar nicht so doof, wie sie anfangs wirkten.

Also wollte ich ihn ebenfalls fair und aufgeschlossen behandeln und ließ mir die Dateien zusenden.

DSP-Filter Q-Acoustics
DSP-Filter Q-Acoustics

In der Roon-App musste ich insgesamt drei „Faltungs-Filter“ installieren und die Aussteuerungskorrektur sicherheitshalber auf -5 einstellen, um digitale Übersteuerungen zu verhindern.

 

Ich hörte mir Malin Pettersen „Get you back again“ an.
Wir hören hier eine sehr präsente Frauenstimme und ihr Gitarrenspiel.

Einige Momente lang habe ich mich gefragt, was denn da jetzt großartig anders klingen soll.
Was ja schon mal gut ist – denn jede größere Veränderung hätte ja bedeutet, dass es entweder mit oder ohne „falsch“ klingen muss.
Von falsch und richtig – ja selbst von anders – war das hier aber erst einmal weit entfernt.

Am Anfang habe ich noch den Fehler gemacht, das von mir angelegte „Preset“ ein- und auszuschalten, was zu einem deutlichen Pegelunterschied geführt hat, da ich ja auf -5 gegangen war. Hinterher habe ich dann einfach nur die Filteranwendung ein- und ausgeschaltet, was die Pegelunterschiede vermied.

Doch wieder einmal erwiesen sich direkte A/B-Vergleiche als völlig unbrauchbar. Je schneller man hin- und herschaltet, um so identischer klingen beide Versionen.

Ich zwinge mich also dazu, mich an meine eigenen Regeln zu halten und höre den Song zunächst komplett mit den Filtern von Karl-Heinz durch.
Danach kehre ich zurück zu meiner vorherigen Einstellung = Alles aus!

Nun fällt mir auf, dass die Pettersen ohne zugeschaltete Filter größer zu sein scheint. Ich habe keine Ahnung, wie groß sie wirklich ist, aber ohne Filter schätze ich sie auf erstaunliche und eher unglaubliche 2m groß.

Leichter fällt mir die Einschätzung der Gitarrengröße. Auch dieses Instrument wirkt nämlich ohne Filter auf jeden Fall zu groß. 

Mir fällt auf, dass ich das immer schon als ziemlich groß empfunden habe. Allerdings ist das ja auch manchmal so eine Sache, wenn eine bisher eher unbekannte Sängerin eine Aufnahme präsentiert, auf der man sie nur ganz alleine hört. Da liegt der Verdacht nahe, dass die Aufnahme nicht unbedingt besonders professionell vorgenommen wurde.
Durch das Zuschalten der Fink-Filter sieht das allerdings ganz anders aus.
Wer auch immer für diese Aufnahme verantwortlich ist – er versteht sein Handwerk.

Die Pettersen dürfte hier auf einmal sehr wahrscheinliche 165cm groß sein (also irgendwas zwischen 160 und 170 cm mit Tendenz zu 160cm). Die Gitarre hat so eine typische Wandergitarren-Größe.
Das wirkt so auf jeden Fall deutlich natürlicher als vorher.

Allerdings fällt mir negativ auf, dass ich weniger Informationen über den Aufnahmeraum erhalte.
Um die Sängerin herum scheint es weniger „Luft“ zu geben.

Von Karl-Heinz kommt der entscheidende Hinweis:

„Schalte mal den dritten Filter ab. Das ist sowieso nur ein Subsonicfilter, den wirst Du möglicherweise bei Dir gar nicht benötigen.“

Und genau so ist es. Sobald ich den dritten Filter abgeschaltet habe, stellt sich das Beste aus beiden Welten ein.  Ich folge dem weiteren finkschen Rat und höre mir ein paar sehr rhythmische Stücke mit Bass und Schlagzeug an – und ich bleibe dabei – ich brauche keine 3 Filter. Aber auf die beiden anderen möchte ich mit meiner C500 ungern wieder verzichten müssen.

Die Gegenkontrolle mit der C300 bestätigt exakt meine Feststellungen. Auch sie läuft ohne den Subsonicfilter mit mehr Raum und mehr Luft. Die beiden anderen allerdings erweisen sich auch bei der C 300 nach kurzer Zeit als nahezu unverzichtbar.

Hat man ohne die Filter in der ersten Reihe (Barbiersitze) gesessen, so rückt man mit den Fink-Filtern ein paar Reihen nach hinten und bekommt so die Chance, das musikalische Geschehen als Ganzes zu erfassen, ohne sich den Nacken verrenken zu müssen. Die Fokussierung wirkt deutlich richtiger und die Umrisse verschwimmen nicht mehr.

Also bleibt als Fazit:

Wer eine Q-Acoustics C300 oder C500 sein Eigen nennt und einen ROON-CORE-SERVER betreibt, der sollte sich unbedingt um diesen Fink-Filter bemühen. (… kann sich gerne bei mir melden).

Ich rufe Karl-Heinz an und berichte ihm von meinen Feststellungen. Ich sage ihm aber auch, dass meine Kunden, die das bei mir hören, mich fragen werden, wieso denn das nicht gleich in die Entwicklung der Boxen mit eingeflossen ist.
Antwort: „Weil das nicht geht!
Was man mit einem DSP anstellen kann, das ist auf rein analoger Ebene – also in einer passiven Weiche – nicht einmal ansatzweise machbar.“

Ich berichte ihm von meinen bisherigen negativen Feststellungen und meiner grundsätzlichen Abneigung gegen diese DSPs.
Und wundere mich, als ich von ihm die volle Bestätigung und Zustimmung erhalte. 

Am Ende stimmen wir beide mit der Einschätzung überein, dass es sich mit diesen DSPs parallel zu Fotobearbeitungs-Programmen verhält.

Am meisten Spaß haben die Menschen mit den Apps, mit denen man völlig dramatische Wolken erzeugen kann oder solche, bei denen man mit ein paar Klicks aus der Oma wieder ein junges Modell zaubert.
Viele DSPs sind einfach nur spektakuläres „Spielzeug“.

Aber es gibt natürlich auch richtig gute Fotobearbeitungsprogramme wie z.B. Photoshop.
Hier sind es dann auf einmal die Anwender, die sich als Schwachstelle erweisen.

Wer sich im Internet auf die Suche nach Photoshop-Fails macht, der muss glauben, dass es sich bei diesem Programm um den größten Mist aller Zeiten handelt. Die Menschen haben zwei linke Beine, drei Meter lange Arme usw.

Doch für einen Profi ist diese App heute unverzichtbar.
Der kann damit aber auch umgehen!

Für einen bestimmten Lautsprecher die korrekten Faltungsfilter zu berechnen und umzusetzen, das muss man auch erst einmal können.
Niemand kennt die Q-Acoustic-Boxen C300 und C500 besser als Karl-Heinz Fink. Immerhin ist er ihr geistige Vater.
Schön, dass er sich auch im Nachhinein noch so liebevoll um seine Sprösslinge kümmert. 

Und ich finde es gut, dass ich jetzt eine (etwas) andere Grundeinstellung zu DSPs gewinnen konnte.
“Dicke Freunde” werden wir ganz sicher nicht werden – aber wenn man damit umzugehen weiß, dann ist doch erstaunliches möglich.

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