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Raum 2

1.1. Klangeigenschaften von Räumen

1.1 Klangeigenschaften von Räumen

Jeder Raum klingt anders. Oder besser gesagt – Töne klingen in jedem Raum anders.
Wir alle hören das.

Und in manchen Räumen klingen Töne nicht so, wie sie eigentlich klingen sollten, oder werden sogar “gestört”. Bei der Beurteilung dieser schädlichen Auswirkungen der Räume auf die Natürlichkeit des Klangs treffen wir auf die Begriffe Hall und Klangfarbe.

A) Der Hall

Es gibt große Säle, alte Wasserspeicher, Tunnel, Höhlen …
In Ihnen hören wir den Hall oder sogar das Echo sehr deutlich. Das ist “lustig” und wir Menschen können es nicht lassen, Sprüche wie „Wie heißt der Bürgermeister von Wesel?“ in den Raum zu rufen und auf den „Esel“ als Echo zu lauschen.

Aber selbst zuhause hören wir die Veränderungen der Raumakustik, wenn wir z.B. mal einen Raum leergeräumt haben, um zu tapezieren. Dann bekommt er diese typische „Waschküchenakustik“. Unsere Stimme hallt von den großen leeren Flächen zurück, wodurch sich der Direktschall mit den fast gleich lauten, reflektierten Schallwellen vermischt.

In Konzertsälen oder Kinos sorgen Spezialisten für die korrekte Akustik und selbst in vielen Büros, Restaurants oder Einkaufsläden erschaffen sie einen angenehmen „Raumsound“, denn sobald da etwas nicht stimmt, ist es vorbei mit unserer Kauflaune, Leistungsfähigkeit oder unserem Appetit. Um so erstaunlicher ist es, dass dieser Punkt bei der Einrichtung unserer Wohnungen so sehr unberücksichtigt bleibt. Oder haben Sie schon mal einen Akustiker engagiert?
Muss man auch nicht!
Denn wir merken und hören selbst, ob wir uns mit der vorhandenen Akustik wohlfühlen.

Unsere Stimme als “Lautsprecher”

Unsere Stimme ist ein “Lautsprecher”, den wir gut kennen. Zwar ist es für uns oft seltsam, unsere aufgenommene Stimme zu hören, weil wir uns selbst ja normalerweise ganz anders – eben „von innen heraus“ hören, aber den Hall unserer Stimme kennen wir sehr gut, selbst wenn er so „kurz“ oder „schnell“ ist, dass man ihn kaum noch messen kann.
Um die Akustik Ihres Raumes zu prüfen, brauchen Sie also einfach nur durch Ihren Raum zu gehen und immer wieder mal laut „Hah!“ zu rufen. Unterstützen können Sie das, indem Sie in die Hände klatschen. Dies sollten Sie vor allem in den Zimmer-Ecken tun, denn dort lauern die so unerwünschten „Knall-Echos“.

Knall-Echo (Schalldruckerhöhung)

Trifft ein Ton auf eine Wand, wird er reflektiert oder geschluckt – je nach Beschaffenheit der Wand und ihrer Oberfläche.
Ist der reflektierte Ton noch laut genug, um auch von der nächsten Wand wieder hörbar reflektiert zu werden, wandert er wieder zur nächsten Wand und wird dabei permanent leiser – bis er nicht mehr zu hören ist. Hierbei folgen die Reflektionen den physikalischen Gesetzen, sprich: „Eingangswinkel gleich Ausgangswinkel“.
Sind die Wände weit genug voneinander entfernt, ist das was wir hören, eine Raumakustik, die wir als „normal“ empfinden, denn die Töne werden kontinuierlich leiser.
Jetzt betrachten wir uns aber eine Zimmerecke mit harten, kahlen Wänden. Hier stehen sich zwei reflektierende Flächen im Winkel von 90° gegenüber. Während es im gesamten Raum eher „dem Zufall“ überlassen ist, ob eine reflektierte Schallwelle wieder genau auf die eigene Schallwelle trifft und ob dabei dann auch noch „Berg auf Berg und Tal auf Tal“ treffen, ist das bei einer stark reflektierenden Zimmer-Ecke nur eine „Frage der Zeit“.

Im Klartext: So viel wir auch die Wellenlängen berechnen und auf welche Entfernung und auf welchen Winkel wir auch im Ergebnis kommen. Dadurch, dass sich der Abstand zwischen den beiden Wänden immer mehr verringert, wird irgendeine Schallwelle (eine Frequenz) genau die passende Situation vorfinden, um den eigenen Schalldruck zu erhöhen.
Das beginnt zunächst bei den tieferen Frequenzen (die Wände sind noch weit voneinander entfernt). Je weiter wir aber in die Zimmerecke hinein kommen, desto dichter stehen sie und umso höher werden die Frequenzen, die sich nun gegenseitig erhöhen. (Berg auf Berg ….)
Deutlich hören wir so ein „Oinkh“-Geräusch, das in der Tonhöhe immer mehr ansteigt und das „kh“ vom „Oinkh“ klingt fast wie ein Knall. Deshalb nennt man es Knall-Echo.
Das mögen wir nicht und das wirkt sich auf die gesamte Musikwiedergabe aus – weshalb wir etwas dagegen unternehmen sollten.

Stehende Wellen (Raummoden)

Wirklich tiefe Frequenzen haben Wellenlängen, die in unsere üblichen Wohnräume nicht ein einziges mal hineinpassen. Bevor sich die Welle aufbauen kann, trifft sie bereits auf ein Hindernis. Wird die Schallwelle reflektiert, wie eben von einer kahlen Wand, treffen Direktschall und Reflektion aufeinander und erhöhen oder senken dabei den Schalldruck.
Da Musik nun einmal nicht aus nur einer einzigen Frequenz besteht (meistens) – löschen sich eben immer einige aus und andere werden lauter.
Unsere Aufgabe lautet also, dafür zu sorgen, dass so wenig Direktschall wie möglich auf eine harte, kahle Wand trifft und in die Richtung reflektiert wird, aus der er gekommen ist. Das gilt natürlich auch für den Fußboden und die Decke.
Andernfalls kommt es in geschlossenen Räumen unweigerlich zu den Raummoden. Damit bezeichnet man feststehende Positionen im Raum, an denen sich die Eigenschwingungen der Luft so stark auswirken, dass wir bestimmte Töne gar nicht mehr, andere dafür aber um so lauter hören.
Es reicht dann oft aus, seine Hörposition um wenige Zentimeter zu verändern, um die extremen Punkte der Raummoden (Knotenpunkte oder Bäuche) zu verlassen.
Da wir gerne unsere Couchen an die Wand rücken und wir damit im direkten Feld der reflektierten Wellen sitzen, kann es uns passieren, dass wir leider genau an unserem Lieblingsplatz gar keinen Bass mehr hören (Knoten) oder vom Dröhnen und Wummern (Bauch) fast „erschlagen werden“.
Auch in diesem Fall werden wir nicht darum herum kommen, etwas dagegen unternehmen zu müssen.
Die sicherste Methode wäre, dafür zu sorgen dass es keine Wände gibt, die parallel zueinander verlaufen oder die Rundungen aufweisen – aber das wird für die meisten von uns wohl nicht zu realisieren sein.

Forderungen zum Thema Hall

Lassen Sie so wenig glatte Wandflächen (Glas …) wie möglich. Hängen Sie Bilder auf – notfalls von der Decke hängend. Sorgen Sie für Einfallswinkel von kleiner oder größer als 90° (Lautsprecher etwas schräg stellen).

Sorgen Sie pro „Fehler“ (also glatte Wand, 90°-Winkel) für einen Ausgleich in Form von dämpfenden oder zerstreuenden Flächen wie Bücher- oder Schallplattenregalen, Vorhängen, Teppichen, großen Blumen, Gemälde oder von mir aus auch speziellen Schallschluck-Elementen.

B) Klangfarben-Veränderungen

Hin und wieder formen wir unsere beiden Hände zu einem Trichter, um jemandem etwas zuzurufen. Das funktioniert zwar recht gut, aber wir wissen auch, dass unsere Stimme dadurch etwas „röhrend“ wirkt. Das können wir verstärken, indem wir tatsächlich durch eine Pappröhre oder ein Kunststoffrohr sprechen.
Aber wir müssen gar nicht in etwas hinein sprechen, um die Klangfarbe unserer Stimme zu verändern, es reicht auch, gegen etwas zu sprechen.
Stellen Sie sich vor eine Glasscheibe oder einen Spiegel und hören Sie, wie sich Ihre Stimme verändert, wie sie härter wirkt. Das ändert sich, wenn Sie gegen eine Holzwand sprechen. Nun klingt Ihre Stimme sehr sonor. Sprechen Sie gegen einen schweren Vorhang, verschwinden die reflektierten Wellen fast gänzlich und eigentlich müssten wir uns jetzt sehr „echt“ hören – aber da wir es nicht gewohnt sind, so gar keine reflektierten Töne hören zu können, empfinden wir das auch wieder als „ungewöhnlich“ und nicht als angenehm. Am natürlichsten ist es, wenn völlig unterschiedliche Flächen vorhanden sind, also ein Gemisch aus Stein, Glas, Holz, Stoff …

Wohntrends

Die Wohnzeitungen haben es uns in den letzten Jahren immer wieder klar gemacht:  Wir fühlen uns am wohlsten in einer großen, möglichst kahlen Loftwohnung mit nur einer Couch, einem kleinen Tisch. Keine Regale, keine Schränke, keine Teppiche, keine Vorhänge, keine Gemälde …
Nun, auch wenn Sie es hier schon ahnen, bin ich nicht so der Anhänger einer solchen Wohnart, auch wenn ich zugeben muss, dass ich sie aus reiner Design-Sicht schon sehr reizvoll finde. Ich komme aber mit solchen Wohnungen oftmals dann in Kontakt, wenn mich die Bewohner zu sich bitten, weil ihre Stereoanlagen einfach nicht klingen wollen.
Mit ein paar lauten „Hahs“ und Händeklatschen hört man dann auch meistens schon die Ursache: Die Raumakustik ist schrecklich!

Man bestätigt mir dann oft, dass es dort nicht gemütlich genug ist, um sich mit Freunden laut zu unterhalten und dass man dabei sehr schnell ermüdet. Die Gäste gehen früher als gewohnt oder man will sich lieber “woanders treffen” – ohne zu wissen, wieso das so ist.

Prioritäten anders gesetzt

Jeder Vorschlag, hier nun möglicherweise den Einrichtungsstil anzupassen, trifft auf Betonwände in den Köpfen der Bewohner. Lieber verzichtet man ganz aufs Musikhören, als an der Wohnung etwas zu verändern.  Teppiche, Vorhänge, Regale, Gemälde, große Blumen, Polstergarnituren – alles völlig undenkbar!

Raum 3
Raum 3

Solche Räume bekommt man also nicht „in den Griff“, ohne die Bewohner auszutauschen.  🙂
Hier muss man sich dann von der Idee trennen, den kompletten Raum mit einer Stereoanlage „akustisch sauber“ beschallen zu können. Stattdessen bietet sich eine Raumbeschallung an, wie man sie aus wirklich großen Räumen wie z.B. Restaurants kennt (viele kleine Lautsprecher im Raum verteilt). Wobei man sich natürlich von allen “stereophilen” Reizen trennen muss.

 

 

 

Oder man erschafft sich an einer günstigen Stelle im Raum eine kleine „Hörinsel“ mit 1-2 Sitzplätzen und kleinen Boxen, die gerade einmal diesen „Inselbereich“ ordentlich beschallen – das dafür aber richtig gut können.

Wer bei einer solchen Wohnart glaubt, mit „Telefonzellen“ als Lautsprecher schon genug Schalldruck in den Raum bringen zu können, um die Gesetze der Physik auszuhebeln, der hat einen langen Kampf vor sich, den er so lange verlieren wird, bis er seine Prioritäten aufs Musikhören verschiebt und den Raum klanglich optimiert. Was aber wohl nur selten geschieht.

 

In dieser Serie sind schon folgende Beiträge fertiggestellt:

 

Hola

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