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Muss man HiFi-Geräte ausphasen?

Muss man HiFi-Geräte ausphasen?

In meinem Bericht „Muss man HiFi-Geräte ausphasen?“ gehe ich auf Sinn und Unsinn dieser Maßnahme und spezieller Messgeräte für das Ausphasen von HiFi-Komponenten ein.

Hinweis:
Dieser Bericht bezieht sich allein auf Deutschland. In anderen Ländern gibt es unterschiedliche Versorgungs- und Steckerarten und daher auch abweichende Vorgehensweisen.

Die richtige Phase – worum geht es eigentlich?

Elektrogeräte beziehen ihren Wechsel-Strom über ein Stromkabel und dieses steckt üblicherweise mittels eines genormten Schutzkontakt-Steckers in der Schutzkontakt-Steckdose.

Ganz einfach ausgedrückt gibt es in der Steckdose „Plus“, „Minus“ und „Masse“.

Furutech FT-SWS
FT SWS © Furutech

Wer sich etwas besser auskennt, wird jetzt rufen: „Plus und Minus gibt es nicht beim Wechselstrom, das nennt sich Phase und Null!“.
Ich habe hier aber nicht vor, Ihnen in diesem Bericht die Funktionsweise eines Wechselstromnetzes oder die Nomenklatur eines Elektrikers zu erläutern – dafür gibt es Literatur von viel kompetenteren Leuten als mich.

Von Bedeutung für diesen Bericht ist einzig und allein die Feststellung, dass wir einen Schukostecker in zwei (!!) Variationen in eine Steckdose stecken können. Wir können ihn nämlich herausziehen, um 180° drehen und seine beiden Stifte passen wieder hinein.

Und ob wir nun „Plus und Minus“ sagen oder „Phase und Null“ – mal liegt Plus/Phase an dem einen Stift an und mal an dem anderen.

Dadurch fließt der Strom aber nicht etwa das eine mal so und und das andere mal anders herum, sondern der Strom fließt immer hin und her – denn es ist ja Wechselstrom.

Elektrisch gesehen ist es daher auch vollkommen gleichgültig, in welcher Stellung der Schuko-Stecker in der Dose steckt, denn funktionieren wird das Gerät immer. Wäre ja auch ein ziemlich blödes System, wenn es nicht so wäre.

Geräte, bei denen es aber doch auf eine korrekte Phase ankommt (wie zum Beispiel bei Ihrer Heizungsanlage) dürfen auf keinen Fall (!) über einen Schukostecker betrieben werden!!
Solche Geräte haben ein Anschlussfeld und dort ist zwingend Phase auf Phase und Null auf Null aufzulegen – sonst funktioniert es nicht oder es geht sogar kaputt.

Also – wenn dann ja doch beides funktioniert – was ist dran an der Aussage, HiFi-Geräte müssten ausgephast werden?

Gehäuse-Potentiale – ein Erklärungsversuch.

Immer wieder ließt man darüber, dass man das Gehäusepotential messen und berücksichtigen soll.
Sicher ist Ihre Hand schon mal über eine HiFi-Komponente geglitten und Sie hatten das Gefühl, dass dort eine gewisse elektrische Spannung zu spüren war.
Und genau darum geht es bei dieser Theorie.
Diese Spannung nennt man “Gehäuse-Potential” – also eine Spannung auf dem Gehäuse, die aber bei einem intakten Gerät vollkommen harmlos sein sollte.

Wenn zwei HiFi-Geräte mit unterschiedlich hohen Gehäuse-Potentialen z.B. über ein Cinch-Kabel miteinander verbunden werden, entsteht so etwas, was wir bei Flüssigkeiten von den „kommunizierenden Röhren“ kennen. Egal, wie viel wir in die eine Röhre hineinschütten, immer werden wir in beiden Röhren die selbe Menge Flüssigkeit haben.
Und das funktioniert vom Prinzip her genau so bei HiFi-Komponenten.

Wenn also nun von dem Gerät mit der höheren Gehäusespannung etwas davon über das Cinchkabel in das Gerät mit der niedrigeren Gehäusespannung fließt, haben wir einen Stromfluß durch das Cinch-Kabel – zusätzlich zu unserem Musiksignal – denn auch das ist ja eine elektrische Spannung.
Da die Höhe des Gehäusepotentials auch noch entsprechend der gespielten Musik schwankt, schwankt auch die Menge des Potentialausgleichs.

Und wie soll der Verstärker herausfinden können, was nun vom CD-Player als Musiksignal kommt und was als Potentialausgleich?  Antwort:  Kann er nicht! Oder zumindest nicht gut.

Aus diesem Grund gibt es immer wieder Versuche, diesen Potentialausgleich über die Stromkabel und eine entsprechende Verteilerleiste oder über zusätzliche Kabelverbindungen zwischen den Geräten und der Erdung unserer Wandsteckdose hinzubekommen.
Manchmal bringt das auch einen Vorteil, aber manchmal holen wir uns auch ein mächtiges Gerätebrummen in unsere Anlage und müssen dann wieder dafür sorgen, dass wir die störenden Verbindungen trennen.

Die sicherste Methode ist da immer noch die, die wir uns von den Musikern abgeschaut haben – nämlich die symmetrische Kabelverbindung.

XLR-Stecker
Fotolia_24496032 © fabioga

Hierbei fließen die Musiksignale durch zwei identisch aufgebaute „Innenleiter“ und über einen dritten Leiter findet die Koppelung der beiden Gerätemassen statt.
Diese Lösung setzt allerdings das Vorhandensein von XLR-Buchsen voraus, die leider noch nicht zum Standard geworden sind.

Progressive Audio DAC 992 Rückseite
Progressive Audio DAC 992 Rückseite mit XLR-Buchsen

Die Cinch-Verbindung ist deshalb aber noch lange nicht die Schuldige!

Selbst wenn es uns gelingt, die Gehäuse-Potentiale auf ein Minimum zu senken und wenn wir dann auch noch dafür sorgen, dass zusätzliche Masse-Kabel für einen Ausgleich sorgen, so können sich doch immer noch Klangunterschiede durch das Ausphasen ergeben. So schön es auch wäre, aber da scheint es doch auch noch andere Gründe zu geben.

Welche Lösungen zum korrekten Ausphasen gibt es?

Messgeräte

Angefangen hat alles in den 80-er Jahren mit dem Namiki Direction-Finder. In der Praxis kaum zu gebrauchen – aber zumindest ein Versuch. Heute kann sich der engagierte HiFi-Freak Hilfs-Geräte zwischen 60,- € und fast 2.000,- €  zulegen, die ihm die „ganz einfache“ Lösung dieses Problems versprechen.

Namiki
Namiki

Doch muss ich mich da leider als Spielverderber betätigen. Legen Sie sich nämlich zwei verschiedene Messgeräte zu, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie zu gegensätzlichen Ergebnissen kommen.  Selbst wenn Sie sich zwei identische Geräte gleichzeitig kaufen und sie nacheinander nutzen, passiert es immer wieder, dass sie unterschiedliche Ergebnisse anzeigen.

Sonstige Hilfsmittel

Fast jeder hat so ein „Leitungssuchgerät“ zuhause, was stromführende Leitungen finden kann, damit wir nicht direkt in sie hineinbohren.
Halten wir nun ein Plastik-Lineal an das Gehäuse des zu messenden Gerätes, können wir mit dem Leitungssucher am Lineal in Richtung HiFi-Komponente gleiten und uns merken, wann der Leitungssucher einen Ton von sich gibt.
Dann schalten wir die Komponente aus, drehen ihren Schukostecker und schalten sie wieder ein.
Nun wiederholen wir die Messung.

Die Steckerstellung, bei der wir uns der Komponente weiter nähern können, bei der das Messgerät also später piept, die wäre die korrekte Stellung, die wir nun kennzeichnen können.

Kann der Hersteller nicht gleich die korrekte Phase kennzeichnen?

Fragt man Hersteller nach der korrekten Phase, hört man nicht selten: „Ist egal!“.
Manchmal gibt es für diese Aussage einen echten technischen Hintergrund – manchmal ist es fast so etwas wie Resignation und ein andermal stimmt es einfach so.

Am Ende funktioniert nur, sich das anzuhören.

Doch sagen Sie das mal Ihrem Kunden!
Der Deutsche ist pedantisch und will es richtig machen. 

Sich auf sein Gehör verlassen zu müssen – das lässt er nicht gelten.

„Man muss es doch richtig machen können!“.

Lassen Sie mich hierzu ein Beispiel aus der Praxis bringen:

Ich hatte in den 80-er Jahren einen Pioneer PD95 CD-Player in Zahlung genommen.
Beim ersten Hören war der Klang eine Katastrophe!
Der Mund des Sängers war so groß wie das Maul eines Walfisches und reichte vom linken bis zum rechten Lautsprecher.
Es fehlte alles, was man mit dreidimensionaler Wiedergabe hätte bezeichnen können.
Das Umdrehen des Schukosteckers (Ausphasen) führte zu einer erstaunlichen Wendung.
Der Mund des Sängers hatte nicht nur wieder eine natürliche Größe, sondern war auch dreidimensional im Raum klar zu positionieren.

Da der Pioneer sich also wunderbar dazu eignete, Veränderungen der Phase klanglich deutlich zu machen, habe ich ihn genutzt, um mit ihm zu experimentieren. Geräte zum Ausphasen gab es damals nur von einigen „Bastelbuden“ oder eben von Namiki.

Das Leitungssuchgerät allerdings kam dabei noch am sichersten zu den immer gleichen Ergebnissen. Unabhängig davon, ob der CD-Player schon mit dem Verstärker verbunden war oder nicht. Das sah bei den “gebastelten” Teilen leider anders aus.

Wobei man jetzt darüber streiten kann, ob sie nicht genau deswegen die korrekteren Werte angezeigt haben. Denn auch heute noch gibt es unterschiedliche Einstellungen zu der Frage, ob die zu messende Komponente während der Messung bereits mit anderen Komponenten verbunden sein darf oder nicht.

Wie unsinnig diese ganze Messerei gewesen ist, ergab sich aus der Tatsache,  dass die korrekte Phase je nach verbundenem Verstärker durchaus mal wechselte.

Hatte ich den PD95 mit einem Mark Levinson-Verstärker verbunden, musste er anders ausgephast werden als in der Kombination mit einem Verstärker von z.B. Bryston.
Wurden dann weitere Komponenten an den Verstärker angeschlossen (Phonoteil, Tuner …), konnten die Klangunterschiede größer oder geringer werden.
So groß der Klangunterschied beim PD95 auch sein konnte und meistens auch war – in bestimmten Kombinationen war davon nicht mehr viel zu hören.

… und deshalb vermutlich auch nicht immer exakt zu messen.

Im Ergebnis …

blieb nur die Erkenntnis, dass wir uns zwar Hilfsmittel oder Messgeräte zulegen können, diesen aber auf keinen Fall blind vertrauen dürfen. Und kommt unser Gehör zu einem anderen Ergebnis als unser Messgerät – dann sollten wir doch lieber auf unser Gehör vertrauen!

Fehlendes Selbstvertrauen oder Bequemlichkeit?

Immer wieder erlebe ich, dass Kunden die Aussage nicht gefällt, sie sollten sich das einfach anhören.
Besteht eine Anlage aus fünf Komponenten, so ergeben sich daraus  (wenn ich richtig rechne) 2x2x2x2x2 Variationen, was wohl auf 32 hinaus läuft.

Viele Kunden bezweifeln aber, dass sie den Unterschied zwischen 2 Variationen, also wie beim berühmten A/B-Vergleich erhören können. Bei 32 Kombinationen – streicht wohl wirklich jeder die Segel.

Lösung in Sicht?

Zum Glück sind bei vielen Komponenten die erzielbaren Klangunterschiede durch das Ausphasen kaum auszumachen.  Bei diesen Geräten kommt es also tatsächlich nicht darauf an, ob der Stecker „richtig“ oder „falsch“ in der Steckdose steckt.

Sich darauf verlassen, sollte man aber eher nicht!

Meine Lösung

Schritt 1 – der Kaltgerätestecker gibt es vor!

Es gibt so etwas wie eine Norm bei der Polung des Kaltgerätesteckers:
Blicke ich auf eine Kaltgerätebuchse im Gerät und stelle mir den mittleren Stift als „Mund“ und die beiden anderen Stifte als „Augen“ eines Smileys vor, dann ist dessen rechtes Auge der Stift auf den die Phase gehört.

Kaltgerätebuchse
Kaltgerätebuchse

Blicke ich also auf die Löcher im Kaltgerätestecker, dann muss auf dem linken Auge Spannung zu messen sein.

Kaltgerätestecker
Kaltgerätestecker

Am einfachsten misst man das mit einem berührungslosen Spannungsmesser. Erstens sind die Schlitze im Kaltgerätestecker oft zu klein, um mit einem normalen Spannungsprüfer hinein zu kommen und zweitens ist das deutlich ungefährlicher.

SupraCables Prüfer
SupraCables Prüfer

Wenn ich die richtige Phase gefunden habe, kann ich mit einem Lackstift den Schukostecker und die Wandsteckdose kennzeichnen und mir später die Arbeit erleichtern.

Damit habe ich theoretisch meine HiFi-Geräte „normgerecht“ ausgephast und eine gute Ausgangslage für meine Hörtests geschaffen.

Schritt 2 – anhören.

Um diesen Schritt kommen wir einfach nicht herum. Aber wir hören uns jetzt nicht etwa 32 (oder mehr) Varianten an, sondern wir gehen folgendermaßen vor.

Wir beginnen bei den Quellgeräten.
Also zum Beispiel beim CD-Player.
Und jetzt hören wir uns beide Steckerpositionen in Ruhe an.

Dabei achten wir vor allem auf die Fokussierbarkeit, auf die Größenabbildung, auf die dreidimensionale Darstellung.

Rechnen Sie nicht damit, dass sich eine Stimme oder der Klang eines Instruments verändert!

Hören Sie keinen Unterschied, stecken Sie den Stecker wieder so in die Steckdose „wie er laut Norm“ hinein gehört.

So gehen wir bei allen Quellgeräten vor, dann bei Zwischengeräten (z.B. Phonoteil oder DAC) und am Schluss beim Vorverstärker und beim Endverstärker, bzw. bei den Aktivboxen.

Monoblöcke oder Aktivboxen sollten natürlich immer identisch angeschlossen sein, weshalb wir sie gemeinsam umphasen müssen.

Was bringt mir das?

In vielen Fällen werden Sie bei diesem Hörtest kaum einen Unterschied hören können. Dann sollten Sie sich auch von niemandem erzählen lassen, dass Sie unbedingt ein Messgerät zum besseren Ausphasen benötigen!
Wenn es keinen Unterschied gibt – was sollen wir dann messen?

Manchmal werden Sie einen Unterschied hören, sich aber nicht sicher sein, was „besser“ ist. Hier kommen Sie nicht umhin, in den nächsten Tagen einfach mal über eine längere Zeit hinweg die eine und dann die andere Stellung zu testen.

Niemals A/B-Vergleiche machen!!!

A/B-Vergleiche sind extrem nutzlos.
Sie zeigen uns nur die Unterschiede zwischen A und B und sagen nichts über die tatsächliche Qualität aus.
So kann Ihnen ein furchtbar aggressiver Klang als angenehm harmonisch erscheinen, wenn das Ergebnis B noch viel aggressiver klingt.

Stattdessen sollten Sie wirklich über mehrere Tage die eine Position und dann über mehrere Tage die andere Position testen.
Ist das Ergebnis dagegen ziemlich eindeutig – dann sollten Sie auch das Selbstbewusstsein haben, diese Stellung zu wählen.
Es spricht ja nichts dagegen, es nach einigen Tagen ruhig mal wieder anders zu probieren.

Merke:

Ein gutes Klangergebnis ergibt sich niemals (!!) aus der Tatsache, dass man irgendwas gemessen hat oder irgendwelchen Faustformeln gefolgt ist.

Ein gutes Klangergebnis will erarbeitet werden.

Hören Sie – hören Sie – hören Sie!

Wenn Sie wirklich keinen Unterschied hören können – hilft Ihnen auch das teuerste Messgerät nicht. Wenn Sie ihn hören, dann vertrauen Sie ihrem Gehör und keinem Messgerät!

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