Der Resonanzkreislauf bei einem Plattenspieler
Selten ist es bei einem Plattenspieler so offensichtlich, dass der Resonanzkreislauf unterbrochen ist, wie bei dem Plattenspieler mit dem schwebenden Teller (Foto oben).
Doch wie muss eigentlich ein Plattenspieler konstruiert sein, damit er gut klingt?
Hinweis vorab: Der nachfolgende Bericht beschreibt meine persönliche Sichtweise und beruht nicht auf belegten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Schon in den frühen 1980-er Jahren experimentierte ich mit Laufwerken, Tonarmen und Tonabnehmern und irgendwann glaubte ich, schon beim Anblick eines Plattenspielers seinen Klangcharakter vorhersehen zu können.
Durch den Vergleich zwischen etlichen Plattenspielern stieß ich zunächst darauf, dass es eindeutige Fehler gab, die man bei der Konstruktion eines Laufwerks machen konnte.
So ist es z.B. unverzeihlich, den Tonarm auf einem eigenen Ausleger (Bild links) oder gar auf einem eigenen Standfuß zu montieren.
So wie Strom einen Kreislauf benötigt um fließen zu können, so braucht auch der Plattenspieler einen Resonanzkreislauf, um klingen zu können.
Der Resonanzkreislauf
Lassen Sie mich Ihnen den Resonanzkreislauf genauer beschreiben.
Wenn Sie vorab wissen wollen, was ich damit meinen könnte oder wenn Sie hören möchten, worüber ich hier berichten will, dann lassen Sie doch mal testweise eine Schallplatte laufen, ohne die Musikanlage einzuschalten.
Das ist übrigens auch eine gute Vorgehensweise, um einen Plattenspieler beurteilen zu können, ohne mit ihm Musik gehört zu haben. Probieren Sie das ruhig mal mit verschiedenen Plattenspielern. Sie werden feststellen, dass manche so laut und hektisch tönen, dass man es sich fast sparen kann, die Anlage einzuschalten und bei anderen muss man ganz dicht an das Laufwerk herangehen, um überhaupt etwas hören zu können. Doch wie dem auch sei – es geht genau um diese Resonanzen, die Sie da hören, denn die müssen ja irgendwo hin.
Station 1 – Die Schallplatte
Natürlich muss der Kreislauf mit der Schallplatte beginnen, denn auf ihr befinden sich ja die Informationen. Die Musik (wenn man das so sagen kann) befindet sich als geschnittene (gepresste) Rille auf der Schallplattenoberfläche.
Station 2 – Der Tonabnehmer
Die Rille der Schallplatte bringt die Nadel des Tonabnehmers dazu sich zu bewegen. Da so ein Tonabnehmer Spulen und Magnete in sich trägt, wird durch die Bewegung des Nadelträgers eine Spannung erzeugt, die wir durch das Phonoteil in verwertbare Musiksignale verwandeln lassen. Diese Bewegungen versetzen aber den Tonabnehmer in Resonanzen – das ist unvermeidlich.
Station 3 – Der Tonarm
Seine Aufgabe ist es, den Tonabnehmer so ruhig und stabil wie möglich exakt über die nach innen wandernde Rille zu führen und dem Nadelträger dabei zu ermöglichen, sich frei bewegen zu können. Eigentlich – eine widersprüchliche Aufgabe, weshalb das Klangergebnis eben auch davon abhängig ist, wie gut Tonabnehmer und Tonarm zusammen passen. Das ist immer dann der Fall, wenn die so genannte Tonarmresonanz bei etwa 10 hz liegt. Zum Berechnen dieser Resonanz gibt es einfache Formeln, die wir uns hier aber mal sparen wollen.
Für den Resonanzkreislauf ist es wichtig, dass der Tonarm seine Resonanzen weiterleiten kann. Manchmal wird genau das aber durch die Konstruktion des Tonarms wirkungsvoll verhindert.
Ein Beispiel dafür sind Tonarme mit Einpunktlagerung. Hierbei liegt der Arm auf einer feinen Stahlspitze und hat kaum die Möglichkeit, seine Resonanzen an die Stahlspitze weiter zu geben. Stärkere Resonanzen verbleiben deshalb im Arm und wirken sich störend auf das folgende Abtastverhalten aus.
Auch tangential geführten Tonarmen gelingt es schlecht, die Resonanzen weiter zu leiten. Um sich nach innen bewegen zu können, müssen sie in welcher Form auch immer über ein Lager gleiten können. Hierdurch kommt es wieder zu einer Unterbrechung des Resonanzkreislaufs.
Station 4 – Das Subchassis
Die einzige Möglichkeit für den Tonarm seine Resonanzen weiterleiten zu können, ist das Subchassis auf dem er montiert ist.
Genau das ist allerdings manchen Laufwerks-Konstrukteuren ein Dorn im Auge. Statt den Resonanzkreislauf zu nutzen, greifen sie auf Konstruktionen zurück, die ihn bewusst unterbrechen sollen. So sind diese “Ausleger” für den Tonarm sehr beliebt. Statt den Tonarm direkt auf das Chassis oder Subchassis zu montieren, bringt man am Laufwerk einen Ausleger an und montiert den Arm darauf. Während der Ausleger nun möglicherweise viel zu stark resonieren kann, kommt beim Subchassis zu wenig an, um einen Kreislauf aufrecht halten zu können.
Noch riskanter ist es, wenn der Tonarm komplett auf einer externen Basis montiert wird, die zum Subchassis hin überhaupt keinen Kontakt hat.
Das Plattentellerlager
Dieses muss zwingend im Subchassis montiert sein, wenn es die Resonanzen aufnehmen und weitergeben soll. Konstruktionen, bei denen das Lager durch Schnitte im Subchassis daran gehindert werden, diese Resonanzen aufzunehmen, sind also eher kontraproduktiv. Auch magnetisch gelagerte Lager sind nach meiner Sichtweise unbrauchbar, da sie ganz sicher jegliche Weitergabe der Resonanzen verhindern.
Der Plattenteller
Um den Kreislauf zu schließen, muss er fest mit dem Lager verbunden sein. So kann er den noch verbliebenen Rest der Resonanzen aufnehmen und wieder an die Schallplatte abgeben – wo ja der Kreislauf begonnen hat – um ihn nun endgültig zu schließen. Logischerweise wird an dieser Stelle die Plattentellerauflage noch zu einem wichtigen Element. Ist sie zu weich, wird sie zu einer Unterbrechung. So kann es sein, dass ein perfektes Laufwerk durch die Wahl der falschen Auflage nicht mehr zeigen kann, was an ihm eigentlich hätte toll klingen können.
Fazit:
Die Theorie des Resonanzkreislaufs hat mir immer wieder geholfen, einen Plattenspieler bestmöglich zusammen zu stellen.
Es gibt so viele unterschiedliche Tonarme, Laufwerke, Tonabnehmer …
Theorien und fast schon Philosophien, dass keine andere Komponente so viel Individualität zulässt wie der Plattenspieler.
Man kann Fehler machen und dadurch glückliche Zufälle produzieren.
Man kann alles richtig machen und dann nicht verstehen, wieso es trotzdem nicht klingt.
Am Ende gibt es nur ein Ziel: Wir müssen mit dem Ergebnis glücklich sein.
Und da entdecken wir dann wohl noch eine starke Verwandtschaft zum Wein.
Es sind nicht immer die besten Weine, die wir am liebsten trinken.
Wir sollten aber die Weine trinken, die uns am besten schmecken und nicht die mit den meisten Punkten – von wem auch immer.