Roon-Core-Server mit ROCK oder AudioLinux?
Roon-Core-Server mit ROCK oder AudioLinux?
In meinem Bericht “Roon-Core-Server mit ROCK oder AudioLinux?” geht es um die Frage, ob das Betriebssystem eine Auswirkung auf den Klang haben kann.
ACHTUNG:
AUDIOLINUX hat sich als extrem supportlastig erwiesen. Diesen Support kann ich nicht leisten. Mein Bericht ist daher als Tipp zu verstehen. Bitte sehen Sie auf der AUDIOLINUX-Seite nach, ob Sie sich die Installation, Einrichtung und Wartung selber zutrauen. Sollte das nicht der Fall sein, rate ich dringend dazu ROCK zu benutzen.
Offen für alles
Eines der wichtigsten Erfolgsrezepte von Roon Labs ist, sich von Anfang an offen gegenüber jeglicher Hardware und praktisch allen „privat“ genutzten Betriebssystemen gezeigt zu haben.
Windows, Mac, Linux, IOS, Android – wofür man sich auch entschieden hat – alles kann man irgendwie dazu bringen, mit Roon zu funktionieren.
Selbst auf Eigenentwicklungen – seien es die Versuche eines „einsamen Programmierers“
… oder das Betriebssystem von fast unbezahlbaren High-End-Komponenten
(die natürlich alle irgendwie auf Linux basieren) lässt sich der Roon-Core in aller Regel problemlos aufsetzen.
ROCK me
So hat auch Roon selber gemeinsam mit Intel ein „eigenes“ Betriebssystem entwickelt, das auf den Namen ROCK (Roon-Optimized-Core-Kit) hört.
Der mehr als deutliche Klangunterschied zwischen ROCK (auf einem speziellen Server) und einer Roon-Version zum Nachinstallieren (auf einem Windows- oder Apple-PC oder einem NAS), lässt uns denn auch schon ahnen, dass das Betriebssystem für den Klang genau so bedeutend sein könnte wie die Hardware selber.
Die kochen alle nur mit Wasser?
Wer sich einmal die Mühe macht und die unterschiedlichen HiFi-Streaming-Geräte aufschraubt, der kommt zu der ernüchternden Erkenntnis, dass sie alle „ein Computer“ sind.
Egal – wie edel auch immer Ihre Gehäuse sein mögen.
Dass die Stromversorgung eine bedeutende Komponente dieser Streaming-Geräte ist, das haben mittlerweile wohl alle anspruchsvollen Entwickler verstanden.
Allein bei den Nutzern ist das noch nicht so richtig angekommen.
Externe Netzteile, die der Kunde nach Belieben und Geldbeutel für sich individuell nachkaufen kann, sind eine gute Lösung, setzen aber eine Einsicht beim Kunden voraus.
Genau um diese hat man sich als Hersteller dann nicht zu bemühen, wenn man das sündhaft teure Netzteil einfach ins Gerät integriert und der Kunde es so „gar nicht bemerkt“, was er für dieses Bauteil bezahlt. Aber zu bezahlen – hat er es so oder so.
Ansonsten zwingt uns Audiophile die aktuelle Streaming-Situation ja sowieso an vielen Stellen zum Umdenken. Schaltungen und Bauteile, die in der analogen Welt unausweichlich zu einem guten Klang geführt haben, werden auf einmal eher unwichtig, zum Teil sogar sinnlos.
Eine kleine Änderung dagegen in der Programmierung der Firmware (= Betriebssystem für das Gerät) – und schon verändert sich das Klangbild stärker als wir es mit unseren „Zauber-Transistoren“ und „Wunder-Röhren“ jemals erreichen konnten.
Der klangliche Weg führt beim Streaming anscheinend über das perfekt zusammengestrichene Betriebssystem. Und genau das erhalten wir mit ROCK – oder?
Nichts befindet sich mehr in diesem winzigen Stück Software, was wir zum Musikhören und Musikverwalten nicht benötigen.
Aber reicht es aus, einfach alles zu löschen, was man nicht benötigt oder gibt es da noch ein paar Stellschrauben in einem Betriebssystem, an denen man zusätzlich noch drehen kann?
Die Musiker sind uns um Jahre voraus
Uns audiophilen Musikhörern um Jahre voraus sind an dieser Stelle die Musiker.
Als die nämlich in den 90-er Jahren erkannt haben, dass man als Musiker kaum noch umhin kommt, einen Computer zum Musik machen, zum Musik aufnehmen, zum Musik bearbeiten und zum Musik wiedergeben zu verwenden, da stellte man mit Erschrecken fest, dass es kein einziges brauchbares Betriebssystem dafür gab.
Nicht einmal das sonst für alles so gelobte Linux erbrachte -so wie es war- brauchbare Klangergebnisse.
Eine Spezial-Version von Windows oder Mac, nur für Musiker?
Das schied komplett aus.
Weder für Apple noch für Microsoft ist so etwas wirtschaftlich interessant.
Und andere „am eigenen Betriebssystem rumfummeln lassen“? Niemals!
Einzig und allein Linux ließ und lässt es zu, sich aus einem „Grundbaukasten“ etwas so aufzubauen, wie man es benötigt.
Doch was benötigt man denn eigentlich zum Musikhören und worauf kommt es an, damit es gut klingt?
Mit dieser Frage und mit der Entwicklung von AudioLinux begann man bereits 1998. Weltweit beteiligten sich von Stund an Musiker und Programmierer an der Gestaltung und Verbesserung von AudioLinux.
Heute also schon 22 lange Jahre.
Doch kann man das, was Musikern gefällt, eins zu eins in die audiophile Welt übertragen? Sprechen wir hier über die selbe Klangqualität? Oder weichen die Wünsche, Vorstellungen und Ansprüche zwischen Musikern und Audiophilen etwa voneinander ab?
Und außerdem: Will sich der Musikhörer überhaupt mit Linux befassen müssen?
Linux ist nur was für Programmierer!
Zugegeben – meine ersten Versuche mit AudioLinux verliefen extrem frustrierend.
Was aber z.B. daran lag, dass man als Mac-User nicht wissen kann, dass einzelne Partitionen auf einem USB-Stick „gemountet“ werden müssen und so weiter.
Nachdem ich mich auf die Eigenarten von Linux eingestellt hatte – klappte es aber auch mit diesem Betriebssystem. Bleibt einzig und allein die Frage:
Klingt AudioLinux mit „aufgesetztem Roon“ noch besser als Rock für sich alleine?
ROCK und AudioLinux im Klangvergleich
Ich setzte hierzu zwei PrimeMini 4 in identischer Hardware-Konstellation auf. Diese kleinen Teile sind die perfekten Roon-Core-Server, lassen sich mit ROCK aufsetzen, aber genau so gut auch mit Windows oder Linux – je nachdem, was man bevorzugt.
Der Klang-Vergleich – Erwartungen
Karl-Heinz Fink (Audio Consulting) hatte mich überhaupt erst auf AudioLinux aufmerksam gemacht und lobte es in den höchsten Tönen.
Seine negativen Schilderungen über die weniger guten Klangqualitäten von Rock konnte ich allerdings so gar nicht akzeptieren und hätte alle Lust gehabt, Karl-Heinz sofort zu besuchen und ihm zu beweisen, dass ROCK traumhaft gut klingen kann.
Da ich ja aber AudioLinux noch nicht gehört hatte, wollte ich mich nicht all zu weit „aus dem Fenster lehnen“. Sie verstehen? 😉
Also wollte ich erst einmal hören, bevor ich mich vielleicht am Ende doch selbst berichtigen müsste.
Hörtest und Ergebnisse
Den PrimeMini 4 mit ROCK musste ich eigentlich nicht mehr hören – seit März läuft er bei mir in der Vorführung und mit dem optionalen USB 2.0-Ausgang hat er gegenüber einem Nucleus+ klanglich deutlich die Nase vorne.
Dennoch ging ich noch einmal kurz meine Qobuz-Playlist durch.
Endlich klappt AUDIOLINUX
Ich steckte alle Kabel um und auch das Netzteil (ein Progressive Audio PSU One) blieb dasselbe. Ich wollte auf jeden Fall verhindern, dass irgend ein nicht oder anders eingespieltes Kabel hier eine Ursache setzen konnte, die mich auf die falsche Spur gebracht hätte.
Allerdings begann ich beim Audiolinux-PC mit der USB 3.0-Buchse.
Wissend, dass dieser Ausgang beim Musikhören nicht störungsfrei arbeitet, was sich meistens in einem etwas dünnen und irgendwie hektisch wirkenden Klangbild äußert.
Nicht so mit AudioLinux!
Ich startete Keith don`t go von Nils Lofgren und hatte sofort den Eindruck, jemand hätte irgendwie „Schlafgas“ in den Raum geleitet.
So würde Nils Lofgren dieses Stück wohl abends seinen Kindern zum Einschlafen vorspielen.
Auch die Zuschauer schienen wie „vernebelt“ zu sein. da gab es keine Begeisterung, keine Faszination – nur Langeweile.
Seltsamerweise wurde die Gitarre auch nicht „voller“ dargestellt und die Saiten nicht „dicker“. Bässe hatten keineswegs mehr Wucht.
Die berühmte Wolldecke lag stattdessen über den Boxen und eine kurze Zeit lang habe ich mich gefragt, ob dieses Klangbild wohl tatsächlich das Ziel dieser AudioLinux-Entwickler gewesen sein könnte.
… konnte ich mir aber nicht vorstellen.
Auch ein paar weitere Titel brachten nur eine Bestätigung meines ersten Eindrucks.
„Lebendig“ und „mitreißend“ war da überhaupt nichts.
Es schien so, als wollte dieses System zwar mehr Volumen in jeden einzelnen Ton pumpen, aber die Leitungen saßen zu.
Konnte USB 2.0 hier wie „Stents“ wirken – oder würde es damit noch schlimmer werden?
„Normalerweise“ sieht der Vergleich von USB 2.0 und USB 3.0 (bei identischen Komponenten und Kabeln!) so aus:
USB 3.0: Hektisch, nervös, unruhig, ohne Volumen
USB 2.0: Souverän, ruhig, mit mehr Volumen
Und so muss man diese Tendenz dann jetzt erweitern:
USB 3.0 mit AudioLinux: Noch mehr Volumen, dick, behäbig, langweilig, einschläfernd
Äußerst seltsam diese Angelegenheit und ich bin da noch lange nicht mit fertig. Irgendwie muss ich da noch einmal Ursachenforschung betreiben. Dazu sicher später noch mehr.
Jetzt ging es aber daran, auch dem PrimeMini 4 mit AudioLinux die Chance zu geben, am USB 2.0-Ausgang seine Fähigkeiten zu beweisen.
Und diese Chance ergriff dieser PrimeMini wie ein Hund die Bockwurst, wenn das Herrchen mal eine Sekunde nicht aufgepasst hat. 🙂
Nach ein paar Tönchen schon begreift man, was dieses AudioLinux da vor hat.
Bleiben wir bei Keith don`t go von Nils Lofgren.
Diesen Titel habe ich gefühlt wohl schon zehntausend mal gehört. Meistens auf Messen und Ausstellungen in einer katastrophalen Klangqualität. Viele Hersteller und Entwickler scheinen zu glauben, das Stück würde nur dann gut klingen, wenn Lofgren uns unsere Ohren mit seinen Stahlsaiten abzuschneiden versucht. In vielen Vorführräumen sorgt dieses Stück denn auch regelmäßig dafür, dass die Besucher das Zimmer fluchtartig wieder verlassen.
Vielleicht stand dieser Titel deshalb auf der „NoGo-Liste“ der High-End 2019.
Mit AudioLinux und USB 3.0 hatte ich mir gerade selber bewiesen, dass es auch anders geht –
ganz anders.
Aber das war nicht besser. Es war schlicht am Ziel vorbei geschossen und zeigte uns nur ein anderes – auch nicht gut klingendes – Extrem.
Allein die USB 2.0-Schnittstelle rückte das Klangbild wieder gerade –
aber so etwas von!!!!
Ich wechselte zu Kari Bremnes, Sangensemble Amada, ein wenig Jazz, ein wenig Klassik – dann startete ich “Summertime” von Patricia Barber. Genau so – musste es klingen – so und nicht anders.
Wer wissen will, was ich meine, der sollte einfach mal „Nardis“ von ihrem Album „Cafe Blue“ starten und sich das Schlagzeugsolo anhören.
In dieses Schlagzeugspiel muss man sich einfach verlieben. Ein extrem sauberes Spiel und Trommeln, die in ihrer Güte einer Stradivari gleich zu setzen wären – Faszination pur.
Sie merken – AudioLinux hat mich gepackt.
Wie groß ist der klangliche Unterschied zu ROCK – jetzt mal tatsächlich?
Antwort: Sehr gering und riesig zugleich!
Wie soll man das auch sagen?
Fragen Sie mal einen Ertrinkenden, wie wichtig ihm die letzten Zentimeter sind, die ihn vom Ufer trennen.
AudioLinux verändert die „Stimmung“.
Mit ROCK spielt Nils Lofgren professionell, aber er scheint auch ein wenig aufgeregt zu sein. Man muss es einfach mal mit AudioLinux hören, um zu bemerken, dass es da eine gewisse Anspannung in Lofgren gibt.
Das interpretiert man normalerweise als Bewies für die hohe Konzentration und schiebt es auf die Auswirkungen eines Live-Konzertes. Man glaubt einfach, es sei so richtig, normal, unvermeidbar.
Mit AudioLinux und der USB 2.0-Schnittstelle ändert sich diese Stimmung aber komplett. Es zwingt einem ein Lächeln ins Gesicht, wenn man beobachten darf, mit welcher Sicherheit und welcher Souveränität – ja geradezu einer Überlegenheit Nils Lofgren hier seine Gitarre bedient.
Man spürt, dass man vorher immer und immer wieder so eine unerklärbare Spannung in sich selbst hatte, so, als würde man befürchten, der Musiker könnte sich verspielen – was ja Quatsch ist. Man weiß ja, dass er sich nicht verspielt. Und dennoch ist diese Anspannung da.
Nicht mehr so mit AudioLinux.
Man hört dem Musiker zu und zu keiner Zeit hält man es überhaupt für denkbar, dass er sich verspielen könnte. Und wenn – es wäre einem gleichgültig.
Man spürt eine Gelassenheit in sich wie bei einem gemütlichen Gitarrenabend unter Freunden.
Und nach und nach – Titel um Titel – spürt man, wie es einfach viel mehr Spaß macht, Musik zu hören.
Wer das nachempfinden kann – der sollte sich darum bemühen, auf seinem Roon-Core-Server AudioLinux zu installieren. Und wenn nur mal zum Testen.
Wer weniger emotional mit dem Thema Musikhören umgeht – der kann getrost bei ROCK bleiben.
Und natürlich bedarf es einer wirklich ganz feinen Kette, um diese Unterschiede wahrnehmen zu können.
Langzeiterfahrung:
Nach einigen Wochen muss ich gestehen, dass ich AudioLinux von meinen PrimeMinis wieder deinstalliert und durch ROCK ersetzt habe. Mit AudioLinux kann man (wenn man kann) unendlich viel experimentieren. Man kann IRQs Prioritäten vergeben und an unendlich vielen anderen Schrauben drehen. Immer wieder klingt es ein klein wenig anders. Meistens ein klein wenig besser als mit ROCK, manchmal aber auch nicht.
Ich habe mich aber für den PrimeMini und ROCK entschieden, weil es mir die Chance gibt, zum Musikhören einen Computer zu verwenden, ohne das Gefühl zu haben, mit einem PC zu arbeiten.
Nach dem Kauf schließt man ihn an und schaltet ihn ein. Danach kann man ihn getrost ignorieren. Die Upgrades holt sich der PrimeMini automatisch und so muss ich an diesen kleinen PC eigentlich nur noch wieder heran, wenn ich ihn nach einer langen Nutzungszeit gegen ein anderes Gerät ersetze.
Fazit:
Nutzen Sie AudioLinux, wenn Sie sich mit Linux gut auskennen und akzeptieren Sie bitte, dass ich Sie dabei nicht unterstützen kann.